Knochenaufbauende Chirurgie
In vielen klinischen Fällen ist das vorhandene Knochenlager nicht ausreichend dimensioniert um Implantate in ihrer vollen Breite und Länge komplett aufnehmen zu können. Die Implatatbezogene knochenaufbauende Chirurgie hat seit dem klinischen Erscheinen der Implantate vor über 40 Jahren ständig an Erkenntnissen dazu gewonnen. Mittlerweile ist auch, gepaart mit der digitale Revolution, ein großer Entwicklungssprung zu verzeichnen, der uns die Befundung, Planung und Durchführung deutlich vereinfacht und perfektioniert.
Moderne Möglichkeiten bei geringem Knochenangebot
Früher wurde die Implantatposition primär vom vorhandenem Knochenvolumen bestimmt. Folge waren oft ästhetisch und funktionell fehlplazierte Implantatkronen. Durch die moderne Vorplanung am PC ist ein sogenanntes Backward- Planning (Rückwärts-Planung) möglich. Dies bedeutet, dass die Kronenposition die heutige Implantation bestimmen sollte.
Der Techniker richtet, wie oben beschrieben, die geplanten Kronen virtuell optimal aus. Nun muss der Chirurg in der digitalen Vorplanung beurteilen ob in dieser Position noch genug Knochenvolumen vorhanden ist. In sehr vielen Fällen verhindert ein vorangeschrittener Knochenabbau diese Idealvoraussetzung. Folglich muss der Behandler das vorhandene Knochenvolumen vergrößern um das Implantat in seiner gewünschten Position vollständig von Knochen bedecken zu können.
Bei kleinen Knochendefekten kann simultan, das heißt in einer OP, das Implantat zusammen mit dem Knochenersatz integriert werden. Hier gibt es zahlreiche Möglichkeiten, welche diesen Absatz sprengen würden und in der Praxis besprochen werden müssen. Wichtig ist hierbei, dass durch die digitale Vorplanung alles vorab geplant wird und der Behandler den Patienten über die möglichen Alternativen ideal aufklären kann. Überraschungen in der OP werden minimiert.
Bei größeren Knochendefekten muss das Knochenlager in einer vorangehenden Operation vermehrt werden. Erst nach einer Einheilungsphase kann dann in einer zweiten Operation das Implantat inseriert werden. In solchen Fällen wurden früher knocheneigene Blöcke aus verschiedenen Körper-Regionen des Patienten entnommen. Die Knochenstücke wurden dann in der Operation an den bestehenden Knochendefekt angepasst und fixiert. Dies hat einen großen Nachteil zur Folge: der Patient hat zwei OP-Wunden – zum einem die Entnahmestelle des Knochenblocks, zum anderem die eigentliche Anlagerungsstelle des Knochentransplantates. Folglich führt dies meist zu längeren Ausfallzeiten mit vermehrten Schwellungen und Schmerzen. Diese Methode hat auch heute noch Gebrauch und zählt immer noch zum Goldstandard.
Durch die moderne Technologie der 3D Planung ergeben sich allerdings auch neue Möglichkeiten, welche immer mehr an Bedeutung gewinnen. Nicht nur die Implantatachsen können vorgeplant werden; auch das fehlende Knochenangebot kann ideal am PC begutachtet werden. Somit erlauben moderne Softwaren virtuelle perfekt zum Defekt passende Knochenblöcke zu designen. Diese werden dann nicht aus körpereigenen Regionen gewonnen, sondern stammen aus großen international anerkannten Knochenbänken von Lebendspendern aus der Orthopädie. Produkte, welche am deutschen Markt zugelassen sind, stammen von Gewebespendern, welche nach kritischen Standards, die auch bei Blut- und Organspenden angewendet werden, auf Infektionen getestet werden. Zusätzlich werden die Knochengewebe industriell aufwendig aufbereitet, sodass keine ungewollten zellulären Rückstände bestehen bleiben. Sie gelten somit als sehr sicher bezüglich Krankheitsübertragungen.
Der so gelieferte Knochenblock passt nun exakt in den vorhandenen Knochendefekt nach dem “Schlüssel- Loch Prinzip“. Eine deutlich verkürzte OP-Zeit ohne negative Überraschungen innerhalb des Eingriffs sind die großen Vorteile. Der Knochenblock wird nun in den nächsten Monaten von den ortständigen Blutgefäßen und Knochenzellen als Leitstruktur genutzt und zu knocheneigenem Gewebe umgewandelt. Nach einer Wartezeit von ungefähr einem halben Jahr kann dann das Implantat in der gewünschten Position in den neu entstandenen eigenen Knochen inseriert werden.